Freundeskreis Indienhilfe e.V.

Reise-
&
Erfahrungsberichte

Reisebericht 2019

Auch 2019 hat sich eine kleine Delegation des Vereins auf den Weg nach Indien gemacht und Father Marreddy besucht. Auf der Reise wurden eine Vielzahl der Projekte besucht und deren Fortschritt bewundert. Anne hat einen Bericht für die Schwäbische Post verfasst, welchen Du im folgenden findest.

Aalener Verein weiht Häuser in Indien ein!

Individuelle Hilfe und nachhaltige Bildungsarbeit für Bedürftige und Benachteiligte

Bei hochsommerlichen Temperaturen war eine Delegation des Aalener Vereins „Freundeskreis Indienhilfe“ Mitte November für zehn Tage in Indien im Bundesstaat Andhra Pradesh unterwegs. Zweck der Reise war es, die vom „Freundeskreis“ unterstützten Projekte in der Umgebung von Nandyal zu besichtigen und sich von der Wirksamkeit der geförderten Maßnahmen zu überzeugen.

Die 22-köpfige Gruppe unter der Leitung des Vereinsvorsitzenden Friedrich Hägele aus Hofherrnweiler war in der vom Verein finanzierten Schule Navajeevan (Neues Leben) für taubstumme Kinder in Nandyal unterge­bracht. Von dort aus ging es jedem Morgen mit dem Schulbus zu einer anderen Einrichtung, die Geld vom Verein erhält. Die Organisation vor Ort lag in den Händen des indischen Dekans B. Marredy, der in über 30-jähriger Zusammenarbeit mit Friedrich Hägele unzählige Einrichtungen für benachteiligte Kinder gebaut und betreut hat. „Ehrenamtlich und ohne jegliche Verwaltungskosten für deutsche Spender“, betonen die beiden Initiatoren der Indienhilfe.

Farbenfroh, ausgelassen und mit viel Musik und Tanz wurden die deut­schen Gäste in den verschiedenen Schulen für blinde oder behinderte Kinder begrüßt sowie in der English-Medium-School für Kinder, die ohne deutsche Zuwendung keine Schulbildung erhalten würden. „Inzwischen beschulen wir in den Einrichtungen über 3300 Kinder und betreuen sie, wenn nötig, in den angegliederten Internaten“, berichtet der Vereins­vorsitzende Friedrich Hägele. „Sobald eine Einrichtung auf festen Beinen steht, wird die Leitung an eine indische Ordensgemeinschaft übergeben, deren Schwestern einen bewundernswerten und selbstlosen Einsatz leisten.“

In Gopavaram durften einige Reiseteilnehmer die ersten fünf Zimmer eines Wohnheims für erwachsene Behinderte einweihen, indem sie eine Kokosnuss auf der Schwelle zerschlugen und die Kokosmilch darauf verspritzten – ein indischer Brauch, der dem Haus Glück verspricht. Insgesamt 100 Behinderte werden ab nächstem Jahr in dem Wohnheim mit angeschlossener Werkstatt ein neues Zuhause finden.

Mit einem Festumzug und viel „Tamtam“ auf großen Pauken verbunden war die Einweihung von 68 Häusern in einem Dorf südlich von Nandyal. Anders als die ärmlichen Hütten, die oft nur von ein paar Folien zusam­men­­gehalten werden und im Monsun regelrecht untergehen, wurden die neuen Häuser erhöht gebaut, betoniert und mit regenfestem Dach ausge­stattet. Die Baumaterialen werden durch deutsche Spender finanziert, bauen muss die Familie in Eigenleistung.

Beeindruckt war die Delegation vor allem von der Nachhaltigkeit der deutschen Hilfe für Bildung und Ausbildung: Die trennenden Kasten­grenzen werden außer Kraft gesetzt, behinderte und nichtbehinderte Kinder aller Religionen, Jungen und Mädchen, lernen und leben gemein­sam, die eingesetzten Lehrkräfte und Sonderpädagogen werden vor Ort ausgebildet und die Schulen werden mit viel Hingabe kompetent und zukunftsorientiert geleitet. In weiterführenden Projekten wie Nähkursen erhalten vor allem Mädchen die Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren. Besonders eindrücklich kam dies in der Examensfeier junger Kran­­ken­schwestern zum Ausdruck. Nach zweijähriger Lehrzeit, die von den katholischen St. Ann’s Schwestern getragen wird, haben über 100 Mädchen die Chance, ihren Lebensunterhalt eigenständig zu verdienen. „Jeder Cent meiner Spende ist gut angelegt und vervielfacht seinen Wert durch die fruchtbare Arbeit der Schwestern und Lehrkräfte“, urteilt eine Teilnehmerin am Ende der Projektreise.

Ins vorweihnachtliche Deutschland zurückgekehrt sind 22 Botschaf­ter/innen für eine nachhaltige Bildungsarbeit in Indien. Eine Patenschaft oder ein Haus in Indien – vielleicht möchten auch Sie zu Weihnachten jemanden damit beschenken und gleichzeitig die Projekte der Indienhilfe unterstützen? 

Impressionen der Projektreise 2019

Wir möchten gerne unsere Eindrücke und Erfahrungen der Reise mit euch teilen. Die gemeinsame Reise nach Nandyal und der Besuch der Projekte war für uns alle eine unglaublich beeindruckende und bereichernde Erfahrung. Lest hier was uns am meisten begeistert!

Für uns war es ein tolles Erlebnis und eine fantastische Erfahrung, in eine uns bis dahin fremde Welt voller Farben, exotischer Düfte und vor allem vieler wunderbarer Menschen einzutauchen. Besonders angetan waren wir von der indischen Gastfreundschaft, den begeisterten Empfängen, dem fröhlichen Lachen der Kinder und ihrer natürlichen Unbefangenheit und Neugierde. Wir sind tief beeindruckt von dem, was Father Marredy mit der sehr tatkräftigen Unterstützung von Fritz Hägele in den letzten Jahrzehnten mit den Spendengeldern geschaffen und vielfältig Gutes getan hat, um insbesondere den Kindern und Unterprivilegierten eine Zukunftsperspektive zu geben. Erschüttert sind wir über die Lebensbedingungen, die hygienischen Verhältnisse unter denen so viele Menschen in Indien leben und sind überzeugt, dass sich diese nur durch bessere Bildungsmöglichkeiten langfristig verändern lassen.
Günter & Angelika
Im Ruhestand
Es war eine sehr spannende und interessante Reise in eine fremde Welt mit krassen Gegensätzen. Einerseits Not, Elend und Dreck an den Straßen und in den Dörfern, andererseits unsere Projekte, die wahre Leuchttürme sind! Ich habe darüber gelesen und aus Erzählungen gehört, aber erst wenn man selbst vor Ort ist, kann man richtig begreifen, was da wirklich passiert... Es war beeindruckend zu sehen, mit wie viel Herzblut diese jeweils geführt und betrieben werden. Ebenso beeindruckend war der Eifer der Kinder, die wissen, was sie für eine Chance haben. Es bleiben viele Erinnerungen an lachende Kinder, an gefühlt tausende von geschüttelten Händen, Fotos und Selfies, dankbare Kinderaugen, Tänze, Lieder, Reden, laue Abende auf dem Dach, an zwar chaotischen, aber trotzdem funktionierenden Straßenverkehr, buntes Markttreiben und nicht zuletzt an angenehm scharfes und leckeres Essen... Schee war's!
Uli
Bankangestellter
Da ich das erste Mal dabei gewesen bin, war es für mich wahnsinnig beeindruckend. Es war die Herzlichkeit der Menschen und Jugendlichen (Kindern), die mich berührt haben, weiterhin die Offenheit und das Entgegenkommen dieser Leute. Die gesamten Einrichtungen, die wir besucht haben, übermittelten mir einen sehr positiven Eindruck und die Kinder machten einen fröhlichen und harmonischen Eindruck. Insgesamt gesehen, hat mich die Reise inspiriert, so dass ich auch ein Patenkind übernommen habe und würde wieder mitreisen.
Marion
Pensionierte Sonderschullehrerin
Mein Name ist Mariano. Ich bin Mitglied im katholischen Kirchengemeinderat Leinfelden-Echterdingen. Ich bin sehr glücklich, dass ich bei dieser Reise dabei sein durfte. Ich war jeden Tag überwältigt von den Eindrücken, die ich gewonnen habe. Die vielen Kinder, die uns mit ihren Tänzen empfangen und mit Händen und Blicken berührt haben. Die Lehrer, die uns mit Stolz und Begeisterung ihre Arbeit gezeigt haben. Die Ordensschwestern, die uns aus einer einfach ausgestatteten Küche mit Essen versorgt haben. Imposant war auch das Besichtigen einiger hinduistischer Tempel. Ich würde jederzeit diese Reise wieder antreten.
Mariano
Elektroniker im Außendienst
Unvergessliche Eindrücke von einer Indienreise Freundlichkeit - Dankbarkeit - Zufriedenheit begleitete uns neun Tage und das habe ich in diesem Maße noch nie erlebt! Wir besuchten jeden Tag eine andere Einrichtung und waren immer aufs herzlichste willkommen. Mit überschwänglicher Freude begrüßten uns die Kinder, Lehrerinnen, Lehrer, das Personal und auch die Schwestern. Es wurde immer ein besonderes Programm geboten. Wir bekamen Blumengirlanden umgehängt und durften Geschenke, meist selbst hergestellt, entgegennehmen. Zur Freude aller, besonders der Kinder, wurden wir zum Mittanzen aufgefordert, was ihnen natürlich einen riesigen Spaß bereitete. Ein besonderes Erlebnis war für mich der Besuch des indischen Dorfes Kanalapalle. Wir durften dort über 60 Häuser eröffnen, die für besonders bedürftige Familien errichtet und über Spenden finanziert wurden. Der ganze Ort war auf den Beinen und begleitete uns, zusammen mit einer Trommlergruppe auf unserem Weg von Haus zu Haus. Eine Einladung zum Essen, ganz standesgemäß mit der Hand gespeist, rundete diesen eindrucksvollen Besuch ab. Ganz unvergesslich bleibt für mich die unglaubliche Dankbarkeit, die diese Bewohner dort ausstrahlten. Alles in allem konnten wir uns überzeugen, wie gut die Spendengelder aus Deutschland hier ankommen. Sehr beeindruckend war auch die Einrichtung einer Blindenschule in Sugalimetta, die vom Freundeskreis finanziert wurde. Dass der Aufenthalt in Indien für mich unvergesslich bleiben wird, liegt nicht zuletzt an der überaus liebenswerten Aufnahme in Navajeevan, der Schule für gehörlose Kinder und Jugendliche. Im Schwesternkonvent der JMJ Sisters durften wir wohnen und wurden von ihnen aufs beste versorgt. Der tägliche Kontakt zu den Kindern dort war eine der schönsten Erfahrungen während der Reise. Das große Hallo auf dem Schulhof, diese Freundlichkeit, Dankbarkeit und Zufriedenheit hab ich noch niemals erlebt und bin froh, dass ich dies erfahren durfte.
Beate
Pensionierte Lehrerin
Zunächst waren wir sehr überrascht von der liebevollen Gastfreundschaft der Kinder, der Schwestern und Lehrer. Die Kinder waren immer freundlich, interessiert und äußerst höflich und sehr diszipliniert. Betroffen gemacht haben mich die Blechkoffer (etwa so groß wie ein Bordcase) in den Schlafräumen der Kinder, in denen ihre ganze Habe verstaut ist und musste an die Kinderzimmer meiner Enkel denken, wo jedes Kind einen ganzen Schrank für Kleidung hat und überall Spielsachen und Kinderbücher sind. Auch ohne viele Spielsachen erlebte ich die Kinder in Navajeevan als freudige, mal lustige und immer interessierte Kinder. Auch ohne Kennen der Gebärden verstanden wir uns, machten Fingerspiele, spielten mit dem Ball oder zeigten Bilder und lernten auch einige Gebärden. Nach dem Morgentreffen im Schulhof leerte sich der Schulhof schnell und ohne Rempeleien und ohne Drückerei an der Schuleinganstüre, wie ich es von Schulen hier kannte. Auch waren die Schultüren der Klassen immer für uns offen und die Lehrerinnen zeigten uns, wie sie mit den gehörlosen und schwerhörigen Kindern arbeiten. Die Lehrerinnen unterrichten mit viel Liebe und möglichst anschaulich mit Gegenständen und Bildern. Auch die anderen Schulen, die wir besucht haben, leisten sehr gute Arbeit. Ich bin überzeugt, dass jeden Euro, den wir gespendet haben, hier richtig ankommt. Die Familien im Dorf, denen ein Zuschuss für ihr neues Haus gegeben wurde, waren alle sichtlich dankbar. Hilfe zur Selbsthilfe war dort gut sichtbar.
Andrea
Pensionierte Lehrerin
Die Reise war für mich eines der Highlights überhaupt - möglicherweise hatte ich bislang noch nie eine so eindrückliche und intensive Zeit oder vielleicht "Urlaub", wenn man das so nennen kann. Erholt war ich nach der einen Woche jedenfalls wie nach drei Wochen „herkömmlichem“ Urlaub. Dadurch, dass sich alle um uns so rührend gekümmert haben - angefangen bei der Unterkunft, über die Würzigkeit des Essens und die Sicherheit des Trinkwassers bis hin zum abwechslungsreichen Wochenplan (wie eine Pauschalreise) und dass wir mit Fr. Marreddy immer einen einheimischen Führer hatten, der uns überall hinführen und alles erklären/übersetzen konnte, haben wir alles so unbeschwert erleben können. Wir waren nie in einer schwierigen oder gefährlich Situation, haben uns jederzeit sicher gefühlt und sind dadurch langsam an die Andersartigkeit der Kultur und der Umstände vor Ort herangeführt worden. Ohne all dies wäre ich nie alleine in diese Gegend gefahren - jetzt habe ich das Gefühl, mich dort besser zurecht finden zu können und habe Berührungsängste abgelegt. Ich würde jederzeit wieder mitfahren! Auf der Reise habe ich die Menschen dort lieben gelernt, die vielen Farben, das Lachen und Winken der Menschen, die Fröhlichkeit und Herzlichkeit trotz aller Armut. Die Menschen sind dort alle schön und es war eine Freude, einfach nur zuzuschauen – den Menschen bei ihrem Alltag, dem Verkehr mit seinem scheinbaren Chaos... . Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass das gesamte Projekt mit all seinen Initiativen vorbildlich aufgesetzt ist, dass an den richtigen Stellen und auf die richtige Art und Weise Unterstützung geleistet wird. Vor Ort sind die richtigen Personen mit der nötigen Einstellung, Autorität und Charisma eingesetzt. Ich habe den Umgang der Betreuer und Lehrer mit den Kindern sehr authentisch, natürlich und gesund wahrgenommen, d.h. ich habe den Eindruck, dass wir den Alltag gesehen haben und nicht, dass uns in dieser Zeit Theater vorgespielt wurde. (…). Fr. Marreddy und Du, Fritz, Ihr, seid ein wunderbares Duo, Ihr scheint irgendwie seelenverwandt zu sein, denn sonst wäre nicht so viel, auch unter schwierigen Umständen entstanden. (...)
Arnim
Physiker

Reisebericht 2018

Michael hat seine Eindrücke der Reise 2018 aufgeschrieben. Hier seine Gedanken.

Alle Einrichtungen waren ge­prägt von Men­schen, von Kin­­dern und Jugend­lichen, Be­­hinder­ten und Gesunden, Lehrerin­nen und Leh­rern, Kranken- und Ordens­schwes­tern, die uns in ihr Herz schlossen: Nicht nur Blumen­kränze, far­bi­­ge Punkte auf der Stirn und gemein­same Fotos, sondern noch mehr die großen Verständigungsversuche mit Hän­den und Füßen, die große Freude über unsere bloße Anwesenheit und der Wunsch nach Aufmerksamkeit waren es, die eine eigene Spra­che sprachen.

Noch ein zweites Bild brachte ich mit zu­rück:

Die Examens­feier von jun­­gen Kran­ken­­schwes­tern in Po­lur. Die (oft zu­recht) viel geschol­te­­ne katholische Kirche bildet hier junge Frauen aus, gibt ihnen damit die Möglichkeit zu einem selbst­­bestimmten Leben und einer sinnvollen beruflichen Zukunft und das in einem Land, in dem Frauen eine sehr niedrige soziale Stellung haben. Wir waren Ehrengäste – bei der Licht-Zeremonie – und ich dachte spontan an den Satz: „Es ist besser ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu schimpfen.“

Ein drittes Bild:

Wir wohnten in der Nähe des Schulhofes des Internates und der Schule der gehörgeschädigten Kin­der. Täglich neu wurden wir bestaunt, befragt, berührt, mit und ohne Worte, aber immer mit Herz. Als ich dann sah, dass ihr persönli­ches Hab und Gut in einen größeren Karton passt, verstärkte sich meine Frage: Was braucht es, um zufrieden zu sein? Und ich dachte beschämt daran, dass mein Reisekoffer für 10 Tage größer war als die meisten der Kartons der Kinder für das gesamte Schul­jahr im Internat. Doch wichtiger als die Größe und das Gewicht meines Koffers war das sichere Gefühl beim Abflug: Ich habe hier Freunde und Freundinnen gewonnen – und ich komme wieder.

Michael (Pastoralreferent in der Seelsorgeeinheit Talgang, Albstadt Tailfingen)

Allerseelen mal anders, woanders!

Christina (19) war für 3 Monate in Navajeevan, unter anderem auch an Allerseelen.

Wenn ich über die ersten Feiertage der kalten Jahreszeit nachdenke, Allerheiligen und Allerseelen, oder mich an die letzten Jahre erinnere, springen mir sofort die Worte „Wintermantel“, „dunkel“, und von ganz früher sogar das Wort „gruselig“ im Kopf herum. Seit meiner Kindheit, fahren wir jedes Jahr am 1. November zu den Gräbern unserer Familie.  Dick eingepackt in warme Winterjacken machen wir uns auf zum Friedhof, im Gepäck 1-3 herbstliche Gestecken, sowie 3-5 Grablichter. Es ist immer schon dunkel und über den Friedhof schleichen meist noch weitere Familien; wie wir eingemummelt, still und der Angehörigen gedenkend.

Dieses Jahr fällt Allerheiligen für mich aus. – Dachte ich. Wie so ziemlich jeder Abiturient/-in, der /die sich nicht direkt an die nächste Uni aufgemacht hat, hatte ich mich entschlossen, eine Weile im Ausland zu verbringen. Für mich fiel die Wahl auf Indien.

Untergebracht bei katholischen Ordensschwestern, hätte es mir eigentlich durchaus vorher in den Sinn kommen können:  Natürlich feiert man hier die gleichen katholischen Feste wie zuhause! Nur „auf indisch“  konnte ich mir das Ganze nicht vorstellen.

Wie also schaut das Allerseelenfest fast 9000 km von zuhause entfernt, bei Temperaturen zwischen 20 und 45 Grad Celsius in einem von einer ganz anderen Religion geprägten Land aus?

Anders als zuhause ist der 1. November kein Feiertag. Wie auch, in einem hinduistischen Land? Wir gehen am 2. November, Allerseelen und auch kein Feiertag, auf den Friedhof. Ähnlich wie in Deutschland, wollen wir am späten Nachmittag los; es ist noch hell, mein Handy zeigt mir 37 Grad an. Daraufhin lasse ich es in meinem Zimmer zurück, weil mich das meinen Wintermantel vermissen lässt. Und  natürlich wegen der Messe, die später auf dem Friedhof stattfinden wird und bei der ich nicht unnötige Aufmerksamkeit auf mich ziehen will, falls jemand meint, mich in diesen Stunden erreichen zu müssen.

Als wir das Friedhofsgelände betreten, habe ich das Gefühl, dass ich das Fest nie wieder mit dem Wort „gruselig“ in Verbindung bringen werde: Jedes Grab ist mit weißem Pulver und anschließend mit so vielen leuchtend gelben Blütenblättern überschüttet worden, dass man das Pulver wiederrum nur erahnen kann und der ganze Friedhof wie ein riesiges Blumenmeer wirkt.

Der Friedhof ist voll mit Leuten, Frauen in Saris in allen nur erdenklichen Farben und Mustern, was die Farbpalette des Tages noch größer werden lässt. Niemand trägt hier dunkle Töne, geschweige denn Winterjacken. Alle machen sich eifrig auf, die Gräber ihrer Angehörigen mit noch mehr Blumenschmuck in warmen rot-orange-gelb-Tönen zu verschönern. Und auch Kerzen werden auf die Gräber gestellt oder vielmehr in sie gesteckt, gleich neben den ca. 10  Räucherstäbchen pro Grab, an denen an einem indischen Fest kein Weg vorbei führt. An diesem Punkt bin ich fast froh, dass das Christentum in Indien nur eine Minderheit von 2,3% darstellt. Wären es mehr Christen, müssten wir vor lauter Räucherstäbchen-Qualm auf der Rückfahrt mit Sicherheit das Fernlicht einschalten.

Die Messe beginnt um 17.00 Uhr und findet auf dem Friedhof statt, so dass jeder beim  Grab der eigenen Familie bleiben kann. Sie ist auf Telugu, der lokalen Sprache. Ich verstehe demnach nichts, aber das muss ich auch gar nicht. Denn wenn eines bei den vielen Unterschieden gleich bleibt, dann ist es der Glaube, den wir miteinander in der Liturgie teilen.

Langsam dämmert es auch in Indien und es werden die Lichterketten erkennbar, die den Friedhof umsäumen. Ab und an klingelt ein Handy, das des Hauptzelebranten. Er hat es offensichtlich nicht zuhause gelassen. Ihm war auch nicht zu warm. Außerdem ist Indien, was Technik angeht, sowieso immer voll ausgerüstet. Auch die Lautsprecheranlage dröhnt so laut, dass man es vermutlich noch drei Dörfer weiter hören kann.

Barfuß gehen wir zur Kommunion, auch das ist typisch indisch. Nach dem Segen gehen alle, diesmal mit Schuhen, nach Hause – oder bleiben noch auf dem Friedhof; ganz wie man mag.

Dieses Fest auf indisch zu erleben, lässt mich meine Worte vom Anfang vergessen. Eine Winterjacke braucht hier niemand, dunkel wird es zwar schon, aber nicht auf dem Friedhof, der ist hell erleuchtet. Und gruselig ist nur die Tatsache, dass ich es auf einmal gar nicht mehr so gruselig finde.

Christina

Das Ende des Elends, ermöglicht durch SIE (Reisebericht 2016)

Hans-Peter hat seine Reiseeindrücke aufgeschrieben sowie ein grundlegendes Wort an alle Spenderinnen und Spender verfasst. Mit diesem Artikel möchte er das Spenden im Allgemeinen, aber vor allem die Hilfe für unsere Projekte in Indien einmal reflektieren. Wir würden uns freuen, wenn Du dir die Zeit nimmst und diese Zeilen liest.

Seit einigen Jahren verfolge ich – wie Sie, die meisten Leser/innen dieser Zeilen – die Aktivitäten des „Freundeskreises Indische Mission Aalen“ durch dessen regelmäßige Berichte: Nicht nur mit einer Mischung aus Interesse und Bewunderung für das dort Geleistete, sondern auch mit einer etwas ungläubigen Faszination. Diese resultiert nicht zuletzt daraus, dass Indien ein uns relativ unbekanntes, weit entferntes Land ist mit einer ganz anderen Kultur und Geschichte als der unseren.

Gelegentliche Spenden zu Weihnachten oder wenn unerwartet Mittel zur Verfügung standen, kamen insbesondere dadurch zustande, dass ich durch die erhaltenen Informationen den Verantwortlichen in Indien und Deutschland Vertrauen entgegenbrachte in dem Sinne, dass die Spenden verantwortungsvoll und allein um der guten Sache willen eingesetzt werden. Diese Sache heißt: Hilfe für die ärmsten der armen Kinder, insbesondere für solche mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung.

Eine gewisse Skepsis über den zielgerichteten und effektiven Einsatz der in Deutschland aufgebrachten Gelder bleibt verständlicherweise bei vielen Spendern bestehen, wird diese doch befördert durch gelegentliche Presseberichte über ineffektiven oder gar erfolglosen Umgang mit Spendengeldern für Projekte in der sogenannten „Dritten Welt“.

Eine von Friedrich Hägele ausgesprochene Einladung, einmal selber mit nach Indien zu fliegen und alle dort von Aalen aus gestarteten Einrichtungen zu besuchen, konnte im Dezember 2015 in die Tat umgesetzt werden: Eine sechsköpfige Gruppe von Interessierten und Neugierigen aus Deutschland setzte sich erwartungsfroh in Frankfurt in den Flieger, um über Dubai in die zentralindische Stadt Hyderabad zu fliegen, die den der Stadt Nandyal – dem Zentrum des Aalener Hilfswerks – nächstgelegenen Flughafen hat.

Was wir vor Ort erfahren und erleben durften, hat uns (abgesehen vom indienerfahrenen Ehepaar Hägele) nicht selten sprichwörtlich die Sprache verschlagen. Als wir sie ein ums andere Mal langsam wiedererlangt hatten, waren die meistgesprochenen Worte: „Unglaublich, was hier geschieht!“, „Faszinierend, diese Menschen hier!“ bis hin zum Lieblingsspruch eines Teilnehmers: „Das ist der helle Wahnsinn!“.

Ehemalige Straßen-, und Slumkinder sowie vormals im zarten Alter von fünf oder sechs Jahren in Ziegeleien oder auf Feldern für einen Hungerlohn arbeitende Kinder jeglicher Religionszugehörigkeit erhalten in den besuchten Einrichtungen etwas für sie bis dato Unvorstellbares: eine Schulausbildung, saubere Kleidung, regelmäßige Mahlzeiten und in den Internaten eine schützende Bleibe. Und sie erfahren – oft erstmals in ihrem Leben – die Zuwendung von Menschen, die nichts anderes im Sinn haben, als ihnen eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen.

Das Gesagte wird umso bedeutsamer, wenn es sich um behinderte Kinder handelt, die in Indien aufgrund des vorherrschenden sozialen und religiösen Denkens absolut keine Chance auf eine schützende Fürsorge und auf eine schulische bzw. berufliche Perspektive hätten: Hier liegt die Messlatte für die Glaubwürdigkeit und Effektivität eines Hilfswerks noch um einiges höher als bei „normalen“ Schulprojekten in Asien, Afrika oder Lateinamerika.

Wir durften erfahren, mit welcher Sorgfalt und Liebe gerade die „Geringsten“ umsorgt und gefördert werden: Die Schulleiter, Lehrer, Sonderpädagogen, sonstigen Angestellten und heimischen Helfer sind mit unermüdlichem, oft kräftezehrendem Einsatz und großem Herzen am Werk, um den vielen Kindern und Jugendlichen eine menschenwürdige Zukunft zu ermöglichen. Wir sind in den besuchten Einrichtungen großartigen Menschen begegnet, die sich bewusst und selbstlos für die ärmsten und am meisten benachteiligten Kinder einsetzen. Sie bewirken durch ihr Tun nicht nur eine lebensverändernde Wandlung von mittlerweile mehreren Tausend Einzelschicksalen. Sie vermögen durch ihr mittlerweile breit angelegtes Wirken in der letzten Konsequenz auch, gesellschaftliche Zustände und Denkmuster langsam aber sicher zum Guten hin zu verändern.

Wir haben mit den Kindern und Jugendlichen viel Zeit verbringen können, mit ihnen gespielt und gesprochen (laut, oder bei den Hörgeschädigten durch das allmählich erlernte Handzeichen-Alphabet und Grundzüge der Gebärdensprache – eine wunderbare Erfahrung!). Ausnahmslos alle Kinder und Jugendliche sind ungemein dankbar für die ihnen gewährte Möglichkeit, eine Schule besuchen zu können und damit eine Chance auf ein besseres Leben zu erhalten.

Dies alles ist nur möglich, weil sich viele Menschen in Deutschland von der Begeisterung der Familie Hägele anstecken ließen und lassen, aus Überzeugung Gutes tun möchten und regelmäßig oder zu besonderen Anlässen den Freundeskreis unterstützen.

Liebe Leser/innen dieser Zeilen, Sie erhalten regelmäßig Informationen über die mittlerweile nicht wenigen Orte rund um die Stadt Nandyal, die mittlerweile von Aalen aus und mit Unterstützung kompetenter indischer Partner aufrecht erhalten werden. Zu diesen Partnern zählen hilfsbereite Nachbarn ebenso wie einflussreiche Personen aus hohen kirchlichen und bundesstaatlichen Ebenen. Nur mit der Unterstützung erfahrener und wohlgesonnener Kräfte „vor Ort“ kann Hilfe von Deutschland aus erfolgreich sein. Diese Personen sind glücklicherweise in ausreichender Zahl vorhanden. Zu ihnen zählen Bischof Anthony, Dekan Marreddy und eine Vielzahl von hervorragend ausgebildeten Ordensschwestern sowie Verwaltungsangestellte, die wir alle besucht haben und mit denen wir sprechen konnten.

Über die Schule „Navajeevan“ (= neues Leben) hinaus existieren inzwischen acht Schulen in einem Umkreis von ca. 30 km, in denen mit Unterstützung aus Deutschland Großes geleistet wird. Dies stellt nicht etwa eine lokale „Verzettelung“ der Aktivitäten dar, sondern ist vielmehr die Konsequenz aus der mittlerweile immer weitere Kreise ziehenden, erfolgreichen Arbeit für die Kinder in dieser Region.

Das nun schon seit über 25 Jahren bewährte Erfolgsrezept des Aalener Hilfswerks sieht folgendermaßen aus: Eine neue Schule wird gebaut, der „Anschub“ für die schulische Infrastruktur finanziert, doch dann wird das Ensemble möglichst rasch in die Hände von vor Ort wirkenden Ordensgemeinschaften übergeben. Diese sind fortan für alle laufenden Kosten (Lehrergehälter, Ernährung und medizinische Versorgung der Schüler, etc.) verantwortlich, so dass nicht mehr ständig Mittel für das jeweilige Projekt aufgebracht werden müssen. Weitere externe Hilfe wird dann nur noch benötigt bei größeren Neuanschaffungen oder Erweiterungsbauten, was praktisch in jeder Schule früher oder später dringlich wird.

Bei unserem Besuch wurden wir gebeten, etwa eine neue, solarbetriebene Küche für eine Schule zu finanzieren. In einer anderen Schule muss aufgrund gestiegener Schülerzahlen ein Schultrakt um ein ganzes Stockwerk erweitert werden – mit Gesamt-Investitionssummen, für die man bei uns nicht einmal einen Architekten bezahlen kann. Über diese Maßnahmen wird dann jeweils in verantwortungsvoller Weise von Dekan Marreddy und Friedrich Hägele gemeinsam entschieden; beide stehen im ständigen Austausch über den Fortgang aller Projekte. Dieses Erfolgsrezept versetzt das Hilfswerk in die Lage, immer weitere Kreise zu ziehen und dem in dieser Region vorherrschenden Elend auf immer breiterer Front zu begegnen.

Sehr erfolgreich gestaltet sich auch die Zusammenarbeit mit kirchlichen Einrichtungen in Deutschland, von einzelnen Kirchengemeinden über Bistümer bis hin zu bundesweiten Institutionen wie Missio in Aachen oder dem Päpstlichen Missionswerk der Kinder (Sternsingergelder): Sind für ein bestimmtes Projekt 50% der erforderlichen Mittel durch eigene Spenden zusammengekommen, übernehmen einige Institutionen die komplette andere Hälfte (!) der veranschlagten Summe, was die Arbeit des Hilfswerks natürlich enorm erleichtert und noch effektiver werden lässt.

Ich kann aus der kürzlich selber in Indien gemachten Erfahrung bestätigen, dass in Nandyal genau das geschieht, was jede Spenderin und jeder Spender hierzulande erwartet: Die absolut zuverlässige und verantwortungsvolle Verwendung der Spenden, die ausschließlich eingesetzt werden, um den vorgesehenen Empfängern, den im Elend lebenden Kindern, zu helfen. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, die enorme Effektivität der geleisteten Hilfe selber in Augenschein zu nehmen und in der Heimat darüber berichten zu können.

Manchmal werde ich gefragt: „Warum soll man hier in Deutschland so weit von uns entfernt lebende Kinder unterstützen? Soll der dortige Staat sich doch erst einmal selber um sie kümmern. Auch hier in Deutschland gibt es arme Menschen, die Hilfe bedürfen.“ Das ist alles nicht falsch. Aber es geht nicht um ein „Ausspielen“ der einen gegen die anderen Hilfsbedürftigen. Und jede/r soll sich dort engagieren, wo sie/er es für richtig hält. Zu bedenken geben kann man dann den Unterschied zwischen „relativer“ Armut (die in unseren westlichen Ländern anzutreffen ist) und „absoluter“ Armut, bei der die Menschen täglich ums Überleben kämpfen müssen und ohne fremde Hilfe dem größten Elend ausgesetzt sind und bleiben. Diese Armut ist in Indien leider immer noch sehr weit verbreitet und stellt eine bleibende Herausforderung für uns reiche Europäer dar.

Wer einmal vor Ort in die fröhlichen, aufrichtigen und dankbaren Augen hunderter von Kindern geblickt hat, die ohne unsere Hilfe immer noch unter Plastikplanen schlafen und für einen Hungerlohn Erwachsenenarbeit in Steinbrüchen oder auf Feldern verrichten müssten, für den stellt sich die oben genannte Frage nach dem Sinn unserer „interkontinentalen“ Hilfe gar nicht mehr. Er freut sich vielmehr unbeschreiblich an der Möglichkeit, diese Menschen – egal wie viele Flugstunden entfernt von uns sie leben – mit für ihn relativ geringem Aufwand unsäglich glücklich zu machen und dem Wort Jesu Folge leisten zu können: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

Nach allem, was ich in Indien gesehen und erlebt habe, lautet mein Resümee: Die mittlerweile langjährige, teilweise harte Arbeit der Verantwortlichen in Indien und Deutschland hat bisher große Früchte getragen! Ermöglicht wird dies erst durch viele Unterstützer des „Freundeskreises Indische Mission Aalen“. Egal, ob eine große oder kleine Einzelspende oder eine Patenschaft für 15,- Euro monatlich: Ihre Hilfe verhilft unzähligen jungen Menschen zu einem glücklichen, nie für möglich gehaltenen neuen Leben mit ungeahnten Zukunftsperspektiven. Ihre Hilfe stellt einen nicht hoch genug einzuschätzenden, sichtbaren und nachhaltigen Segen dar!

Auch wenn sich Ihnen niemals die Gelegenheit bieten sollte, die Einrichtungen in Indien persönlich zu besuchen (was insgesamt schon mehr als 100 Spender in den letzten Jahren tun konnten), so haben Sie doch die Chance, durch Ihr Engagement am Gelingen des gesamten Unternehmens mitzuwirken, Elend zu beenden und Armut, Lethargie und Hoffnungslosigkeit so vieler Kinder in Freude, Glück und Würde zu verwandeln.

Es geschieht.

Mittlerweile tausendfach.

Danke dafür.

Hans-Peter

Freundeskreis
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